Hair

Haare gelten als das Schönheitsmerkmal schlechthin. Vor allem auf dem Kopf. Und das seit langer Zeit. Eine Reise durch unsere haarige Kulturgeschichte.

Haar!

Lass es leben. Gott hat’s mir gegeben: mein Haar.“ Das weltberühmte Musical „Hair“ über die Hippiebewegung, 1968 in New York uraufgeführt, bringt es auf den Punkt: Unsere Haare sind uns gegeben. Wie wir mit ihnen umgehen, ist eine interessante Geschichte, die sich über Jahrtausende erstreckt. Unser Umgang unterliegt Moden und Zeitgeist unterschiedlicher Epochen. Doch bevor wir in die haarige Historie eintauchen, betrachten wir unser Haar einmal genauer …

Beauty-ABC

Hornstrang aka Haar

Der sichtbare Teil eines Haares besteht wie Finger- und Zehennägel im Wesentlichen aus Keratinen. Das sind stabile und recht komplexe Faserproteine. Die Haarwurzel in der Unterhaut  produziert in der Wachstumsphase ständig neue Zellen und Keratinfasern, die zu langen Strängen verkleben. Die Zellen sterben dann ab und verhornen. Da von der Wurzel immer wieder neue Zellen und Fasern nachwachsen, schiebt sich dieser Hornstrang aka Haar Stück für Stück aus der Haut heraus. Wie unsere Finger- und Zehennägel enthalten Haare weder Nerven noch Blutgefässe, deshalb tut Haareschneiden nicht weh. Im Gegensatz zum Augenbrauenzupfen. Das liegt daran, dass wir dabei am Haar (und damit auch an der Haut) ziehen; das melden die Nerven rund um Haarwurzel und Haarzwiebel in der Unterhaut. Also: autsch!

Achselhaare

Wachsen, ruhen, ausfallen

Das tun Haare je nach Körperregion in unterschiedlichen Phasen (siehe auch Seite 15). Hat ein Haar die Wachstumsphase (Anagenphase) beendet, gelangt es in die zwei- bis vierwöchige Übergangsphase (Katagenphase), in der die Blutzufuhr zur Haarwurzel gestoppt wird.  Dann beginnt die Ruhephase (Telogenphase). Sie kann ein paar Monate dauern. In dieser Zeit endet die Stoffwechselaktivität des Haarfollikels, das Haar fällt aus. Am Grund des „leeren“ Haarfollikels beginnen sich wieder Haarzellen zu vermehren und zu einem neuen Haar zusammenzusetzen. Der Haarzyklus beginnt von vorn.

Körperhaare

Es ist also normal, dass ein gesunder Erwachsener etwa 70 bis 100 Haare am Tag verliert. Dass aber vor allem Männer mit zunehmendem Alter unter dauerhaftem Haarverlust leiden, ist erblich bedingt und liegt an erst kürzlich entdeckten Genvarianten. Doch verstärkter Haarverlust ist nicht nur ein Männerproblem. Eine Studie der Universität Zürich ergab, dass auch Frauen im Herbst mehr Haare verlieren als sonst. Der Grund: Im Juli sind die meisten Haare in der Ruhephase. Dadurch ist die Haarpracht im Sommer am dichtesten und schützt vor UV-Strahlung. Im Herbst fallen die Haare dann vermehrt aus. Das liegt vermutlich an den kürzeren Tagen und dem damit einhergehenden Vitamin-D-Mangel.

Haare oder keine Haare …

… das ist hier die Frage. Was Behaarung für uns Menschen bedeutet, erklärt Alexandra Karentzos, Professorin für Mode und Ästhetik an der TU Darmstadt, im Interview mit dem Deutschlandfunk: „Der behaarte Körper wurde immer wieder in die Nähe des Tierischen gerückt, also auch des Unzivilisierten.“ Heute gelte der enthaarte Körper als Ideal, besonders für Frauen. Wer seinen Körper nicht enthaart, wirke ungepflegt, unzivilisiert, quasi animalisch. Der Aufruhr in Social Media, sobald sich Promifrauen mit unrasierten Achseln zeigen, spricht Bände. Aber auch unsere Kopfhaa­re haben enorme Aussagekraft: Sie sind „ein ganz wichtiges Mittel der Selbstgestaltung. Man kann mit ihnen Gruppenzugehörigkeiten oder auch Protest signalisieren“, so Karentzos. „Sie gehören zum Körper, aber unterliegen zugleich sozialen Zuschreibungen und Abgrenzungen (…).“

Haarige Historie

Frisuren im Wandel der Zeit

Antike
Für römische Patrizier gilt: je aufwendiger die Frisur, desto besser. Damit setzt man sich vom Wildwuchs der Barbaren ab.

1672
Als sein (einst langes, lockiges) Haupthaar schütter wird, greift Ludwig XIV. zur Allongeperücke – und setzt einen Trend.

1920
Der Bubikopf (glatt oder mit Wasserwellen) kennzeichnet das neue Selbstbewusstsein der Frauen.

1950
Halbstarke schocken mit Lederjacke, Jeans, Rock ’n’ Roll & „Duck’s Ass“ (Entenarsch): Haare mit Pomade von beiden Seiten nach hinten gelegt.

1965
Hippie-Ära: Männer und Frauen lassen sich lange Mähnen wachsen, auch als Protest gegen den Vietnamkrieg.

Haare sind Kopfsache

Und zwar im wortwörtlichen Sinn. Seit der griechisch-römischen Antike gehört die Formel „Männer kurz – Frauen lang“ zur abendländischen Kultur. Vor allem die wilden Mähnen und Bärte der Germanen haben dafür gesorgt, dass diese Haartracht bei Männern als barbarisch galt. Frauen dagegen mussten lange Haare tragen als Symbol der Weiblichkeit. Und zugleich durften sie sie nicht offen zeigen. Denn offene Haare bei Frauen galten als erotisches Lockmittel und Zeichen ungezügelter Sexualität. „Frauenhaare wurden sehr häufig diszipliniert, indem sie hochgesteckt oder bedeckt wurden“, so Karentzos. Mit der Heirat kamen Frauen wortwörtlich unter die Haube. Dass verheiratete Frauen ihre Haare vor den Blicken fremder Männer verbergen, ist noch heute im Islam und im orthodoxen Judentum üblich.

Haarfarbe

Hairstyles im Wandel der Zeit

Schon im alten Ägypten wurden Haare gefärbt: Rotorange war besonders beliebt, die Hennapflanze von den Ufern des Nils machte es möglich. Haarmacher gingen von Tür zu Tür, schnitten Frisuren und knüpften Perücken. Die alten Römer der besseren Kreise legten ebenfalls grossen Wert auf eine aufwendige Haarkultur (Wellen und Locken), für die spezielle Sklavinnen zuständig waren. Die zupften auch die Körperhaare ihrer Herrinnen und Herren einzeln mit der Pinzette aus. Im alten Rom gab es bereits Friseurschulen und Promifriseure.

Nach dem Untergang des Römischen Reiches ritten die Merowinger, die ersten fränkischen Könige, mit langer, wallender Mähne durch die Geschichte. Das änderte sich, als die Karolinger die Herrschaft übernahmen. So ging es hin und her, bis ein royaler Influencer wegen seines schütteren Haares zur Allongeperücke griff. Sonnenkönig Ludwig XIV. von Frankreich machte die schulterlange Perücke mit wallenden Locken zum Standes- und Herrschersymbol. Im 18. Jahrhundert wurde sie weiss gepudert, bei Männern im Umfang reduziert, aber mit Zopf am Ende. Auf weiblichen Adelshäuptern erreichte diese Haartracht bald enorme Höhen. Die mit dem „Zöpfe ab!“ der Französischen Revolution ein Ende fand.

Hairstyles als Zeichen des Protests, Generationenkonflikts oder der (ideologischen) Gruppenzugehörigkeit waren auch im 20. Jahrhundert üblich: bei den selbstbewussten Flappergirls der 1920er, den Halbstarken der 1950er, den langmähnigen Hippies der 1960er, den schrillen Punks und geföhnten Poppern der 1980er – und den Glatzen der gewaltbereiten, rechtsextremen Skinheads.

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Haarige Traditionen

In einigen Kulturen gehört das Haareschneiden zu den Initiationsritualen. So wird in Japan dem Kind nach 30 Tagen der Kopf rasiert, um es anschliessend im Tempel segnen zu lassen. Im orthodoxen Judentum erhält ein Junge an seinem dritten Geburtstag seinen ersten Haarschnitt in einer feierlichen Zeremonie. Von nun an trägt er kurze Haare mit Ausnahme der langen Schläfenlocken.

Das Volk der Yao im Südwesten Chinas dagegen ist berühmt für seine langhaarigen Frauen. Jede von ihnen ist eine wahre Rapunzel, denn: Nach dem 18. Geburtstag werden ihre Haare nie wieder geschnitten. Lange Haare gelten bei den Yao als Symbol für Reichtum und ein langes Leben. Die Frauen schneiden nicht einmal die Spitzen und waschen ihre Mähne mit einer speziellen Reiswassermixtur. Sobald sie verheiratet sind, bändigen sie ihre Haarpracht – in einer turbanartigen Frisur mit Haarknoten über der Stirn.

Bei uns ist es schon ein Entwicklungsschritt, die Haare selbstbestimmt zu verändern. Sei es, dass Jugendliche ihre Haare einfach wachsen oder beim Friseur raspelkurz schneiden lassen, eventuell mit einer schrillen Farbe obendrauf: „Ich hab jetzt meinen eigenen Kopf!“ Oder sei es, dass sich Erwachsene nach einer Trennung oder in anderen Umbruchsituationen einen neuen Haarschnitt zulegen: „Mein Leben hat sich verändert – ich mich auch!“

#expertentipp

Dermatologentipp

Die Haare mit lauwarmem Wasser waschen. Zu heisses Wasser kann Haare und Kopfhaut zu stark entfetten. Milde, silikonfreie Shampoos verwenden. Das Shampoo circa 2 Minuten mit leichtem Druck in die Kopfhaut einmassieren: So werden die Kopfhautporen geöffnet, die Durchblutung angeregt und abgestorbene Hautpartikel entfernt.

Spannende Fakten rund ums Haar

Bis zu 5 mio.
Haare besitzt ein Mensch an seinem Körper. Bis auf Handinnenflächen und Fusssohlen ist unsere gesamte Körperoberfläche behaart. Ein Relikt der Evolution. Auch heute noch haben unsere Haare wichtige Funktionen: Haare an Armen und Beinen können wärmen, indem sie sich bei Kälte aufstellen und so die vom Körper erwärmte Luft an der Hautoberfläche halten. Haare schirmen die Kopfhaut gegen Sonnenstrahlen ab. Wimpern, Ohren- und Nasenhaare schützen vor Fremdkörpern. Man unterscheidet Haare in feine, kurze Wollhaare am Körper und Lang- bzw. Terminalhaare an Kopf, Gesicht (Barthaare), Augen (Wimpern, Brauen), Achseln und Scham.

150’000
eher feine Haare bedecken im Schnitt den Kopf von blonden Menschen. Bei Braun- und Schwarzhaarigen sind es etwa 100’000. Rotschöpfe haben zwar „nur“ 90’000, dafür aber recht dicke Kopfhaare.

Haarfarbe
Sie hängt vom jeweiligen genetisch vorgegebenen Melaningehalt ab. Melanine sind Farbpigmente, die Haut und Haaren ihre charakteristische Farbe geben. Produziert werden sie von speziellen Zellen (Melanozyten). Man unterscheidet zwei verschiedene Melanintypen: das Schwarz-Braun-Pigment Eumelanin und das Rot-Gold-Pigment Phäomelanin. Je nach Mischungsverhältnis entstehen die natürlichen Haarfarben. Braunhaarige produzieren überwiegend Eumelanin-Pigmente, Rothaarige mehr Phäomelanin-Pigmente. Und blonde Haare? Sie entstehen durch eine Veränderung in einigen Genen, die die Menge an produziertem Eumelanin deutlich reduzieren, ohne dass vermehrt Phäomelanin entsteht. Im Grunde ein entwicklungsgeschichtlicher Gendefekt als Ursache für eine attraktive Abweichung.

Lockig vs. glatt
Ob jemand glattes oder lockiges Haar hat, bestimmen die Gene. Eine besondere Rolle spielen Haarfollikel und Haarwurzel. Wenn die gesamte Struktur gleichmässig gestreckt und senkrecht zur Hautoberfläche liegt, wächst aus ihr ein glattes Haar; es ist im Querschnitt rund. Liegen Haarfollikel und Haarwurzel schräg oder leicht gekrümmt in der Haut, kringelt sich das Haar, sobald es aus der Kopfhaut wächst; es hat einen elliptischen Querschnitt.

Haarlängen
Während Wimpern nur 100 bis 150 Tage lang wachsen und am Oberlid eine Länge von 8 bis 12 Millimeter erreichen, können Kopfhaare 2 bis 6 Jahre lang wachsen und 1 Meter lang werden. Es gibt Menschen, deren Haare einfach weiterwachsen: Xie Qiuping aus China hat die längsten Haare der Welt: 5,627 Meter.

Graue Haare
Schuld sind Alterungsprozesse und die Abnahme der Melaninkonzentration. Mit der Zeit werden die Melanozyten-Stammzellen immer träger. So können keine funktionsfähigen Melanozyten mehr heranwachsen. Folge: Die Farbpigmente nehmen ab, zugleich wird vermehrt Luft ins Haar eingeschlossen – es erscheint grau, weiss oder silber.

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4Erhältlich in Coop Megastores und Coop City